von Dominique Reitmaier

Haushalt

"Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann."

"Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann" -

und "Ich liebe doch meine Kinder, da kann ich doch kein Geld dafür verlangen!"



In diesem Monat "feierten" wir wie jedes Jahr den Equal Care Day. Diesmal war es der 1. März, normalerweise ist Equal Care Day am 29. Februar angesetzt. Warum? - dürfte sich so manche/r jetzt fragen. Wikipedia erklärt hierzu:

"Die Festlegung auf den 29. Februar, der als Schalttag nur alle 4 Jahre stattfindet und in den Jahren dazwischen übergangen wird, weist darauf hin, dass Care-Arbeit als weitgehend `unsichtbare Arbeit` gilt, die oft nicht wahrgenommen und nicht bezahlt wird.

Der Tag symbolisiert außerdem das Verhältnis von 4:1 bei der Verteilung von Care-Arbeit und ruft in Erinnerung, dass Männer rechnerisch etwa vier Jahre bräuchten, um so viel private, berufliche und ehrenamtliche Fürsorgetätigkeiten zu erbringen wie Frauen in einem Jahr."

Soviel zur terminlichen Festsetzung des "Feiertages"...

Aber: Was ist nun dieser Equal Care Day genau? Was wird da gefeiert? Dürfte sich vielleicht noch die/der ein oder andere fragen. Auch das erklärt Wikipedia:

"Der Equal Care Day ist ein Aktionstag, der auf die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit aufmerksam macht."

Im Grunde gibt es an diesem Tag nämlich nichts zu feiern. Im Gegenteil. Es ist eine recht bedauerliche Angelegenheit, auf die hier aufmerksam gemacht wird. Der Equal Care Day setzt ein Zeichen, dass Frauen bzgl. Carearbeit im Vergleich zu Männern auch heute noch, im Jahr 2023, deutlich benachteiligt sind.

Denn die Carearbeit im beruflichen Kontext wird zwar bezahlt, jedoch sind die Careberufe, hauptsächlich von Frauen ausgeführt, deutlich schlechter bezahlt als die typischen "Männerberufe".

Die Carearbeit im Privaten ist gänzlich unbezahlt: Wäsche waschen, Kinder erziehen, Trotzanfälle begleiten, krankes Kind pflegen, neue Kleidung in der richtigen Größe kaufen, und vieles vieles mehr - alles für "umme". Der Duden nennt auch weitere Synonyme: "gratis" oder "umsonst".

Wieviel mehr der unbezahlten Carearbeit im privaten Bereich übernehmen die Frauen? Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend schreibt auf ihrer Homepage: "Der Gender Care Gap beträgt 52,4 Prozent. Das bedeutet, Frauen verwenden durchschnittlich täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer." Während die Frau zu Hause die Arbeit gratis (wahlweise: "für umme" oder "umsonst") erledigt, sammelt der Mann fleißig Rentenpunkte für´s Alter und klettert der Frau auf der Karriereleiter im Sauseschritt davon. (Anmerkung: Der Gender Care Gap unterscheidet sich je nach Lebensalter.)

Jetzt besteht das bekannte Argument von Müttern, man könne doch nix für alle Erledigungen rund um Kind und Haus verlangen, man LIEBT doch die Kinder und erlebt mit ihnen viele schöne Momente! Die andere Sicht: Es gibt (glücklicherweise) Menschen, die ihren Beruf leidenschaflich ausüben, voll und ganz darin aufgehen. Sollten diese Menschen dann zu ihrem Chef gehen und ihn darum bitten, er möge die monatlichen Gehaltsüberweisungen einstellen, da der Job ja viel Freude bereitet? Sie die Entlohnung somit ja nicht "verdient" hätten? Eher unwahrscheinlich. Oder weiteres Beispiel: Man hat beispielsweise einen besonders erfolgreichen/Freude bringenden/erfüllten Arbeitstag hinter sich und geht kurz vor Dienstschluss zum Chef und sagt: "Mir hat die Arbeit heute soviel Freude gemacht, Chef, deswegen kann ich heute wirklich keinen Lohn dafür nehmen! Behalten Sie bitte das Geld für den heutigen Tag ein!"... Somit mein Fazit: Ob Freude bringend, stressig oder stellenweise langweilig - Carearbeit ist und bleibt Arbeit.

Und wer jetzt das Argument bringt, dass die Carearbeit ja keine Arbeit sei, der hat wahrscheinlich noch nie 24:7 ein Kind oder mehrere Kinder betreut. Manch frischgebackene Mutter selbst wundert sich, wenn sie abends regelmäßig fix und alle um 20 Uhr (oder früher) bei der Einschlafbegleitung mit ihrem Nachwuchs einschläft, warum sie denn so müde ist, da sie doch den ganzen Tag "nur daheim" war und "nix besonderes" gemacht hat.

In unserer Gesellschaft "genießt" Carearbeit leider eine sehr geringe Wertschätzung. Und das traurige: Auch viele hart care-arbeitende Mütter haben durch (unser aller) Sozialisation diese Haltung inne und schätzen nicht ihr wertvolles und unermüdliches Tun, tagein, tagaus.

Deswegen lohnt es sich meiner Meinung nach sehr, sich als carearbeitende Person bewusst einmal die Zeit zu nehmen und die eigenen Arbeitszeiten aufzuschreiben. Falls vorhanden, die "Lohnarbeit" (oder "Erwerbsarbeit" genannt) und auch alle Carearbeitszeiten. Nachfolgend ein paar Tipps, um am Ende auch ein reales Wochenarbeitsstunden-Ergebnis zu erhalten:

- wenn ich z. B. während des Tagschlafes des Kindes Arbeiten im Haushalt verrichte, neue Kleidung in der nächsten Größe für den Nachwuchs bestelle oder den nä. Termin für die U-Untersuchung beim Kinderarzt/ bei der Kinderärztin vereinbare, DANN ZÄHLT DAS ALS CAREARBEIT.

- Schlafzeiten des Kindes (beispielsweise nachts) , in denen ich für das Kind zuständig bin, zählen als Bereitschaftsdienst, nicht als Pause

- Zeiten, in denen ich NICHT aus freien Zügen entscheiden kann, was ich tun will und wohin ich dafür gehen will, gelten nicht als Pause. (z. B. alleinige Autofahrt zum Ort der Erwerbsarbeit, die von Müttern selbst gern als Pause betitelt wir, da so entspannend im Gegensatz zur vorher stattgefundenen Morgenroutine mit Kindern, ist keine wirkliche Pause, da wir während dieser Zeit nicht frei sind, was und wo und wie wir diese Zeit verbringen).

- Duschen, Lebensmitteleinkaufen, Arzttermine wahrnehmen, etc. sind ebenfalls keine Pausen. Durchaus oft eine nette Abwechslung zur Betreuung des Kindes/ der Kinder, aber eben keine Pause.

Nach einer intensiven Reflexion und einem Aufaddieren der Erwerbs- und Carearbeitsstunden kommen Mütter (natürlich wahlweise auch hauptsächlich carearbeitende Väter, meist sind es eben die Mütter, siehe Studienlage, die auch heute noch den Löwenanteilnicht der Carearbeit stemmen) häufig auf 60 - 80 h (!!) Wochenarbeitszeit gesamt. Und hier ist noch nicht einmal der nächtliche Bereitschaftdienst mit einbezogen, dieser kommt zusätzlich "oben drauf" (Anmerkung: Wenn das Kind ein- oder mehrmals nächtliche Wachphasen hat zählen diese Zeiten zur Carearbeit). Ich hatte mal gelesen, dass der Mutterjob ca zwei Vollzeitstellen umfasst, was sich zeitlich ungefähr deckt mit der Angabe von 80 h Wochenarbeitszeit.

Wenn man sich jetzt vorstellt, dass eine alleinerziehende Mutter, die, nehmen wir mal an, die Carearbeit zu keinem Zeitpunkt abgeben kann, ca. 80 h pro Woche carearbeitet, während der Nächte durchgehend Bereitsschaftdienst hat (und das Kind womöglich noch mehrere Wachphasen hat, die dann die Carearbeitszeit wieder in die Höhe schnellen lässt), keine echten Pausen hat, dann kann sich vermutlich jede/jeder denken, dass dies auf Dauer von einer Person nicht leistbar ist.

Deshalb auch an dieser Stelle wieder das wichtige Zitat, auf dem unser Verein gründet: "Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen". Die Betreuung und Erziehung eines Kindes von nur einer Person ist auf Dauer schlichtweg nicht leistbar, oder wenn, dann oft mit vielen (gesundheitlichen) Nachteilen verbunden.

Ich sehe es als sehr wichtig an, dass sich Mütter (natürlich sind an dieser Stelle auch alle hauptsächlich carearbeitenden Väter angesprochen) bewusst darüber sind, was sie täglich leisten. Es fällt oft sehr schwer, da gesamtgesellschaftlich der Carearbeit sehr wenig Wertschätzung entgegen gebracht wird. Aber man kann im ersten Schritt an sich selbst etwas verändern, nämlich den Blick darauf, wie ich selbst meine tägliche Leistung bewerte. Denn erst wenn ich anerkenne, wieviel ich leiste, dass Carearbeit eben Arbeit ist, erst dann kann ich lernen, mir gütig zu begegnen und die so wichtige Selbstfürsorge in den Alltag zu integrieren, um wieder Kraft zu tanken. Zeiten, die mich entspannen. In denen ich nur meine eigenen Bedürfnisse befriedigen darf. Wenn ich mir nämlich immer wieder sage, dass ich ja "nur daheim bin bei den Kindern, bisschen Haushalt mache und mein Mann ja nur `richtig` arbeitet", dann kann ich mir nicht (guten Gewissens) Ruhe, Entspannung und Freizeit gönnen.

Natürlich hat dies mit Privilegien zu tun: Habe ich Kinderbetreuung? Menschen in der Familie, die das Kind betreuen, wenn ich mir Selbstfürsorge entgegenbringe? Man könnte im Kleinen anfangen ( auch mit Kind, wenn es eben nicht anders geht), dass man z. B. den Nachmittagsschlaf des Kindes nutzt, um eine Tasse Kaffee in Ruhe zu trinken, Entspannungsmusik hört, eine lustige Fernserie ansieht, in einem Buch liest oder in einer Zeitschrift blättert.

Wir im Familienzentrum "Unser Dorf e.V." sind der Überzeugung, dass "Ein Dorf", in das die Familie eingebettet ist, sehr wertvoll ist. Mit unseren Angeboten wollen wir Familien entlasten. Auch in gemeinsamen Gesprächen können wir uns gemeinsam auf den Weg begeben, um herauszufinden, wo ihr euch als Familie Entlastung schaffen könnt. Wir freuen uns auf dich, wenn unser Dorf wächst, mit Leben gefüllt wird und Familien Unterstützung und Bereicherung für das Familienleben erfahren dürfen!



Wenn bei dir der Artikel Interesse geweckt hat, dich mehr mit dem Themam Equal Care auseinanderzusetzen: Der "Equal Care Day" hat eine eigene Internetseite ( https://equalcareday.de). Hier kann man sich ausführlich zum Thema informieren (Was ist Carearbeit? Was ist Mental Load? Mental-Load-Selbsttest usw.).



Verfasser: Tina Nürminger





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